Schlagwörter
17. jahrhundert, Barock, Barockgarten, Blumenmalerei, Gottorfer Codex, Schleswig-Holsteinisches-Landesmuseum, Schloss Gottorf
Über die Ausstellung im Schleswig-Holsteinischen Landesmuseum im Jahr 2014
Vergangenen Sommer besuchten mein Freund und ich, als wir unsere Ferien in meiner Heimat verbrachten, das Schleswig-Holsteinische Landesmuseum Schloss Gottorf. Dort gab es eine Ausstellung zu sehen, auf die mich sehr freute: „Der Gottorfer Codex. Blütenpracht und Weltanschauung“. Der Codex befindet sich sonst im Statens Museum for Kunst in Kopenhagen, wo die Sammlung in der Kongelige Kobberstiksamling aufbewahrt wird.
Mein besonderes Interesse am Codex liegt darin, dass ich zu der Zeit, als der Gottorfer Barockgarten quasi restauriert „wiederöffnet“ wurde, als Praktikantin im Schloss beschäftigt war. Da erfuhr ich nicht nur viel über den Garten an sich, sondern auch über die Pflanzen, die dort im 17. Jahrhundert gepflanzt wurden. Einmal hatte ich das Glück, dabei zu sein, als der Schlossgärtner die verschiedenen Blumen vorstellte, die für den Codex gemalt wurden. Das war sehr lehrreich, mir sind vor allem die Türkenbundlilie und die Kaiserkrone in Erinnerung geblieben. Und eben diese Blumen sind im Gottorfer Codex verzeichnet, und das sehr kunstvoll.
Umso spannender, dass der Codex letzten Sommer von Nahem anzuschauen war. Bei dem Codex handelt es sich um ein Florilegium (lat. = Blütensammlung) des Hamburger Malers Hans Simon Holtzbeckers (1610/20 – vermutlich 1671). Florilegien entstanden im 17. Jahrhundert als Manuskripte und auch als gedruckte Bücher. Darin sind Illustrationen der Pflanzen wichtiger als der Text, anders als Kräuterbüchern, die oft einem medizinischen und wissenschaftlichen Zweck erfüllten. Die meistens nach Jahreszeit geordneten Sammlungen der Blumenportraits möchten die Ästhetik und Schönheit der Pflanze wiedergeben. Mitunter auch ihre Exotik, wenn sie aus fernen Regionen stammt. Denn diese Sammlungen waren häufig Kataloge für bestimmte Gärten, dieses ist beim Gottorfer Codex der Fall. Andere Sammlungen dienten als Musterbücher für Künstler.
Es durfte nicht fotografiert werden, was verständlich ist, wenn man sich vor Augen führt, wie empfindlich diese Malereien sind. Anhand eines Heftes, wo die Hängung der Bilder wiedergegeben war, schauten wir uns die Pflanzenmalereien an und waren ganz fasziniert, von der Schönheit und Detailtreue. Ausgestellt waren die Malereien der Bände eins und zwei von insgesamt vier Bänden. Die Bände drei und vier sind noch gebunden. Die Bilder aus den Bänden zu nehmen hatte sich während der Restaurierung ergeben. Ein Tablet ermöglichte es, sich digital durch die Bände drei und vier zu blättern
Kunsthistorikerin Helga de Cluveland befasste sich sehr ausführlich mit dem Gottorfer Codex und konnte in ihrer Dissertation Fragen dazu klären. Der Codex entstand laut Rechnungsbüchern im Zeitraum 1649 bis 1659, er umfasst vier Bände mit insgesamt 364 Seiten. Die Malereien sind Gouachen, also deckende Wasserfarbe, auf Pergament. Auf einem Blatt sind drei Malereien dargestellt, also umfasst der Codex etwa 1180 Bilder. Zu bewundern sind die Pflanzen, die Herzog Friedrich III. (1597 – 1659) in seinem „Neue Werk Garten“ hatte, ein Inventar des Gartens sozusagen. Holtzbeckers Blumenmalereien sind nicht wie sonst üblich nach Jahreszeit, sondern eher nach Gruppen wie Zwiebel- und Knollengewächse, Holzgewächse und populäre Gartenpflanzen geordnet.
Das Werk Holtzbeckers sucht laut Direktorin Kirsten Baum seinesgleichen im 17. Jahrhundert. Über den Maler ist sonst leider nur sehr wenig bekannt. Vermutlich hat er sieben Florilegien geschaffen. Dass diese Ausstellung auf Gottorf zu bewundern war, lag an der guten Zusammenarbeit mit dem Statens Museum for Kunst in Kopenhagen. 2013 zeigte das Kopenhagener Museum den restaurierten Codex sowie weitere Blumengemälde in der Ausstellung „Flowers and World Views“ und lieh diese dann ein Jahr darauf an das Landesmuseum aus. Die zahlreichen Blumengemälde sind ansonsten nicht öffentlich ausgestellt, sie befinden sich eigentlich in den königlichen Gemächern. Also noch etwas Besonderes, was es zu sehen gab.
Mich hat diese Ausstellung sehr begeistert, nicht nur der Codex, sondern auch die Blumengemälde. Seit meinem Praktikum im Landesmuseum, wo ebenfalls ein paar dieser Stillleben zu sehen sind, bin ich der Faszination dieser Gemälde des 17. Jahrhunderts, wo blühendes Leben und Vergänglichkeit dargestellt sind, erlegen.
Literatur:
Kerstin Asmussen, Barocke Gartenkunst auf Gottorf. Geschichte und Bedeutung des Neuwerkgartens. In: Rainer Hering (Hrsg.) Die Ordnung der Natur. Vorträge zu historischen Gärten und Parks in Schleswig-Holstein, Hamburg 2009, S. 13 – 36.
Kirsten Baumann (Hrsg.), Der Gottorfer Codex. Blütenpracht und Weltanschauung, München 2014.
Herwig Guratzsch, Der Gottorfer Barockgarten, Berlin/Köln 2007.
Dieter Lohmeier, Kleiner Staat ganz groß, Heide 1997.
http://www.smk.dk/en/explore-the-art/research/research-projects/gottorfer-codex/